Sparkassen-Zentrale in Weil am Rhein

„Sowohl als auch“ ist das Motto der Entwurfsidee für das Dienstleistungszentrum der Sparkasse Markgräflerland, dessen Umgebung auf städtebaulicher Ebene von einem Interessenkonflikt geprägt ist: Eine marode Häuserreihe zur Linken verhindert die Fortsetzung des kleinen Parks, der zur Rechten entlang der Straße und einer zurückweichenden Flucht benachbarter Wohngebäude angelegt wurde: Der Büroneubau kann das städtebauliche Dilemma nicht lösen, aber die Situation offenhalten. Während das Erdgeschoss die Flucht der Wohngebäude aufnimmt und die bebaubare Fläche zugunsten des längerfristigen städtebaulichen Ziels nicht zur Gänze belegt, kragen die drei Obergeschosse um zwei Achsen über den vorgelagerten Platz aus und nutzen dabei die maximal zulässige Geschossigkeit aus.
Die Sparkasse erhält dadurch ein großzügiges Vorfeld, das öffentlich genutzt werden kann und explizit von Nutzern und Bürgern bespielt werden soll. Das Foyer und die halböffentlichen Bereiche sind zu diesem „Sparkassenplatz“ hin orientiert, das Gebäude wird von hier aus mittig erschlossen und bietet direkten Zugang zu Veranstaltungsraum und Mitarbeitercafé.

Ansonsten ist der rechteckige Baukörper sehr einfach zu beschreiben: Ihm ist im Zentrum des Erdgeschosses ein Saal eingeschrieben, über dem sich wiederum ein Innenhof befindet. Der ringförmige Grundriss reduziert die notwendige Anzahl vertikaler Erschließungsflächen und erlaubt die flexible Einteilung der Stockwerke in unterschiedliche Nutzungseinheiten. Einzig der Körper der elliptisch geschwungenen Haupttreppe kontrastiert mit der orthogonalen Gebäudestruktur. Mit ihren rechteckigen Fensterformaten nimmt die Fassade im Raster von 4,05 Metern Bezug auf die Maßstäblichkeit und den Rhythmus der umliegenden Wohnbebauung und ermöglicht die Einbindung in die Umgebung trotz abweichender Volumina. Das Bauvolumen wird von einem „Grid“ aus hellen Ziegelsteinen umhüllt.

Arbeitswelt und Flexibilität

Der Grundriss bietet durch seine klar strukturierte Form maximale Flexibilität. Durch den Einsatz von vorgespannten Betondecken konnte auf innenliegende Stützen und Wände weitgehend verzichtet werden. Aussteifung und Erdbebensicherheit werden über die beiden Kernzonen erreicht, welche neben den vertikalen Erschließungs- und Versorgungselementen auch sämtliche Nebenräume beinhalten, die sanitärtechnisch versorgt werden müssen. Die sich in den Obergeschossen zwischen diesen Kernzonen beiderseits des Hofs aufspannenden Büroriegel können bei Bedarf jeweils von unterschiedlichen Mietern genutzt werden und bis zu acht separate Nutzungseinheiten bilden. Sie sind frei möblierbar. Hellgraue Vorhänge aus Wollfilz können nach Bedarf den Großraum unterteilen oder Gesprächsbuchten abtrennen. Zellenräume an den Stirnseiten des Gebäudes nehmen die Funktionen Besprechung und konzentriertes Arbeiten gebündelt auf.

Die Materialpalette im Innenraum beschränkt sich auf Sichtbetondecken, Einbaumöbel und Wandverkleidungen aus Eiche, Systemtrennwände in Weiß und Gussasphalt-Sichtestrich in der offenen Erdgeschosszone sowie grünen Teppichboden in den Bürogeschossen. Um den starken Farbakzent des Teppichs nicht zu beeinträchtigen, wurden nur wenige, flexibel nutzbare Möbelstücke, vorwiegend in Weiß, ausgewählt, dazu einige gezielte textile „Farbtupfer“. Sie folgen dem Gedanken, einen Baukasten an Ausstattungselementen zur Verfügung zu stellen, der sich leicht an wechselnde Arbeitssituationen und Unternehmensstrukturen anpassen lässt. Raumbegrünung zieht sich durch alle Bereiche und korrespondiert mit dem Grün im Außenraum, insbesondere im staudenbestandenen Hof.

Nachhaltigkeit und Technik

Als nachhaltig verstehen wir in erster Linie dauerhafte und nicht zuletzt schöne Häuser. So wird das Bürogebäude aufgrund seiner räumlichen Flexibilität in Zukunft lange genutzt werden können, auch wenn sich Zusammensetzung und Bedürfnisse der Nutzer ändern. Wichtig ist auch die zeitlose Gestaltung mit Materialien, die ihre angenehme Anmutung über lange Zeiträume hinweg behalten. Energieeffizienz wird zunächst durch einige grundlegende Entwurfsentscheidungen unterstützt: Der kompakte Baukörper weist ein günstiges A/V-Verhältnis auf, was bereits auf der Ebene der Gebäudegeometrie Wärmeverluste zu reduzieren hilft. Die durchgängigen Sichtbetondecken und -kerne dienen als thermische Speichermasse, die Temperaturspitzen auffängt. Der Innenhof und die großen Glasflächen sorgen für eine optimale Belichtung der Büroflächen und ermöglichen gleichzeitig die Querlüftung über die Fenster. Das Gebäude kann mittels außenliegender Fallarmmarkisen vollständig verschattet und somit vor Überhitzung des Raumklimas geschützt werden.

Viel Wert wurde auf die Auswahl von dauerhaften und gut zu reparierenden Materialien gelegt, etwa Klinker, Holz-Aluminium-Fenster, Sichtbeton, Eichenholz-Oberflächen und Gussasphalt-Sichtestrich. Viele Elemente wurden nicht geklebt, sondern schadstofffrei geschraubt oder eingehängt, zum Beispiel die Wandverkleidungen und Sockelleisten. Dies erlaubt eine einfache Demontage und sorgt dafür, dass Beschädigungen ohne großen Aufwand repariert werden können. Die helle Klinkerfassade reflektiert Sonneneinstrahlung anstatt sie zu absorbieren. Hauptdach und Innenhof sind begrünt, letzterer intensiv als abwechslungsreiches Staudenbeet.

Die Kühlung sowie die Grundlast der Gebäudeheizung übernimmt die Betonkerntemperierung der Decken und nutzt dabei die Trägheit der Gebäudemasse. Zusätzlicher kurzfristiger Wärmebedarf wird von der weitestmöglich minimierten raumlufttechnischen Anlage abgedeckt, über Quellluftauslässe an den Fenstern und zentrale Abluftansaugung an den beiden Kernen. Das Gebäude ist an das städtische Fernwärmenetz angeschlossen. Die gesamte Dachfläche wird zur Stromerzeugung durch Photovoltaik genutzt; es wird mit Überschüssen gerechnet.

Wünschenswert bleibt die Weiterführung des parkartigen Grünstreifens über die Bühlstraße hinweg bis zur Johanneskirche. Eine Ausgestaltung als „Shared space“ könnte den Beginn des Ortszentrums signalisieren und die Gartenstadt-Anmutung des Straßenzugs bis zum Rathausplatz weiterführen.

Bauherr:
Sparkasse Markgräflerland, Weil am Rhein

Architekten:
LRO Lederer Ragnarsdóttir Oei GmbH & Co. KG, Stuttgart

Mitarbeiter LRO:
Marc Oei, Alexander Hochstraßer, Simone Neuhold, Sophia Hannekum, Sonja Malm, Philipp Kraus, Frank Bohnet

Verfahren:
Mehrfachbeauftragung, 1. Preis

Projektsteuerung:
LBBW Immobilien Development GmbH, Stuttgart;
Ingenieurbüro für Bauwesen Otmar Männer, Schopfheim

Tragwerksplanung:
Autenrieth Ingenieure, Weil am Rhein

Prüfstatik:
SLP Ingenieurbüro für Tragwerksplanung, Karlsruhe

Haustechnik:
Minarik Ingenieure, Müllheim

Elektroplanung:
Planungsgruppe Burgert, Schallstadt

Bauphysik:
Gerlinger + Merkle, Schorndorf

Freianlagenplanung:
LRO GmbH & Co. KG mit Helmut Hornstein, Überlingen

Baugrundgutachter:
Geotechnisches Institut GmbH, Weil am Rhein

Brandschutzgutachter:
Ingenieurbüro Waldvogel, Lörrach

Vermessungstechnik:
Vermessungsbüro Weber, Müllheim

SiGeKo:
Dekra GmbH, Freiburg

Ausstattungsplanung:
LRO GmbH & Co. KG, Stuttgart

Planungsbeginn:
2019

Bauzeit:
05/2021 bis 08/2023

Einweihung:
10/2023

BGF:
9.300 qm

BRI:
36.900 cbm

Standort:
Am Messeplatz 1, 79576 Weil am Rhein

Veröffentlichungen:
Baunetz
10.2023

AIT
12.2023

German-Architects.com – Bau der Woche
28.02.2024

Fotos:
Roland Halbe, Stuttgart

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